Sechzehnter Dezember

Meine lieben,
heute haben wir schon zwei Drittel aller Türchen offen. Auch heute überrascht uns ein neues Mitglied mit einer ganz spontan geschriebenen Geschichte.

Eine wahre Weihnachtsgeschichte 1982

von Eveline Schindler

Drei kleine Kinder hüpfen, spielen, nörgeln, lachen, schlafen und rennen im Haus umher. Neues Leben ist angekommen. Das Älteste ist gerade mal 4-jährig, dann folgen hintereinander zwei. Alle wie vom Himmel gepurzelt. Wir Eltern sind ganz schön am Anschlag. Die Katze auch. Sie muss immer wieder rasch in den Stall raus, ab ins Heu und Ruhe genießen. Abends lugt sie um die Ecke, sucht ihr Schüsselchen und mümmelt rasch alles in sich hinein. Nur bei der Abendgeschichte kommt sie und setzt sich dazu, schnurrt vor sich her. Wenn die Kerze ausgepustet ist, schlendert das Katzentier lässig in eine Ecke am Ofen und kringelt sich ein. Alle Kinderlein werden gewaschen, gepudert, gewickelt und liebevoll ins Bettlein gebracht. Ein schöner Tag ist zu Ende gegangen, der Gemüsegarten ruht, ist umgegraben, Feldsalat ausgesät. Die Bienen sind im Winterkasten. Advent ist gekommen!
Im Weihnachtsgottesdienst saß die ganze Familie mit geduldigen Kindern auf harten Bänken und die Lieder brachten eine willkommene Abwechslung. Plärrendes Kindergenörgel verschwand im Orgelgedröhn und alle Großen entspannten sich. Dann wurde gesammelt. Brot für die Welt. Klar, es stand fest, dass gespendet wird. Der Familienvater griff in seine Manteltasche und zeigte der Mutter heimlich auf Höhe der Kirchenbank 50 Deutsche Mark. Mutter erschrak. Aber sie blinzelten einander zu und verstanden sich. Vater meinte leise ins Ohr tuschelnd: “Wir verzichten auf die Weihnachtsgans.“ Ja, wir verzichten auf die Weihnachtsgans.
Auf dem Heimweg tat sich Mutter immer noch schwer mit den 50 Mark. Aber nun war es so auch recht. Dann kam später die Bescherung. Alle waren freudig erregt und das Paket der Großeltern an die ganze Familie war dann besonders spannend. Was da wohl drin war? Mutter durfte aufmachen und auspacken. An einem der Pakete hing ein Briefumschlag mit Weihnachtswünschen und darin mit einem Klebestern fest gemacht, fanden sich 50 Deutsche Mark! Sie waren wieder da! Die Eltern schauten sich schmunzelnd an und freuten sich. Am ersten Weihnachtstag konnten die Eltern zu zweit zum Gottesdienst, die drei Kinderlein wurden von der angereisten Tante gehütet. Sie kochte und hantierte so lang in der Küche, die Kleinen spielten im Nebenzimmer. Am Ende des Gottesdienstes wurde wieder gesammelt. Der Sack ging durch die Reihen und Vater griff wieder in seine Manteltasche. Er zog ohne eine Miene zu verziehen 50 Deutsche Mark heraus und legte sie in den Sack. Was sollte Mutter da noch sagen? Als sie nach Hause kamen, war das Festessen fertig und alle aßen mit Vergnügen und wurden satt. Was ein Glück, dass die Kinder nicht hungern mussten. 
Nach ein paar Tagen reiste die Tante wieder ab. Es war schön gewesen. Sie wird wieder kommen. Ganz bestimmt. Vater brachte sie zum Bahnhof und der Alltag zog wieder ein. Als am nächsten Tag der nächste Einkauf nötig war, griff Mutter ganz nebenbei in ihre Manteltasche und spürte etwas knistern. Sie zog das unbekannte Ding heraus und hielt in ihrer Hand 50 Deutsche Mark! Die gute Tante hatte sie listig dort vor ihrer Abreise hinein geschmuggelt.
So schön war das Weihnachtsfest gewesen.

Geschenktipp

Zwei Bücher hat unser Arbeitskreis gemeinsam verfasst. diese sollten unter keinem Weihnachtsbaum fehlen.

  1. Abenteuerliche Anekdoten blind erlebt ist der Titel unserer neuen Anthologie, die im Oktober 2023 im Edition Paashaas Verlag als Taschenbuch und iBook auf dem Buchmarkt erschienen ist.
  2. Farbenfrohe Dunkelheit
    ist der Titel unserer mittlerweile zwei mal preisgekrönten ersten BLAutor-Anthologie, die 2022 im Edition Paashaas Verlag als Taschenbuch und iBook erschienen ist und als Hörbuch produziert wurde und bei den Hörbüchereien für blinde Menschen ausgeliehen werden kann.

Auch auf diesem Weg bietet BLAutor seinen Mitgliedern die Möglichkeit, ein eigenes Werk auf dem Buchmarkt zu präsentieren.
Mit dem Kauf dieser beiden Anekdoten unterstützen sie die Arbeit unseres Arbeitskreises.
Und nun kommt noch ein Hinweis auf einen Adventskalender der besonderen Art:

Der Blindnerd-Adventskalender

Unser blindes Mitglied Gerhard ist blinder Hobbyastronom und das einzige blinde Mitglied der Deutschen Astronomischen Gesellschaft. Seit sieben Jahren führt er den Blog Blindnerd.de. In diesem Jahr widmet sich sein Adventskalender Frauen aus wissenschaft und Astronomie, denn Frauen sind in diesen Arbeitsfeldern bis heute unterrepräsentiert.
Der Blautor-Adventskalender und der Blindnerd-Adventskalender sind überkreuz verlinkt, so dass man von jedem aus zu den jeweiligen Türchen des anderen springen kann.
Mit
diesem Link gelangen Sie und ihr auf diesen etwas außergewöhnlichen Weihnachtskalender.