Türchen 15 des BLAutor-Adventskalenders 2024
Eine Schneeeule für Paulina
von Sonja Servos
Es war der letzte Schultag an einem kalten Wintertag. Paulina hatte so gar keinen Bock auf die Weihnachtsferien, denn ihre Eltern hatten einen Skiurlaub in den Bergen gebucht. Sie hätte Weihnachten viel lieber zu Hause gefeiert, so wie jedes Jahr mit Oma und Opa. Sie hasste Skifahren. Die Schulglocke ertönte, und Paulina packte mürrisch ihre Sachen zusammen. Sie verabschiedete sich noch von ihren Freunden und fuhr mit ihrem Fahrrad nach Hause.
Zu Hause angekommen, flog ihre Schultasche erst mal in die nächste Ecke in ihrem Zimmer. Kurz darauf kam auch schon ihre mutter ins Zimmer und bat Paulina noch ihren Koffer zu packen, denn morgen sollte es schon mit dem Auto losgehen. Zum Glück hatte Paulina schon Weihnachtsgeschenke für ihre Eltern und ihren kleinen Bruder besorgt. So packte sie die Geschenke auch gleich mit in den Koffer.
Am nächsten Morgen fuhr Paulina mit ihrer Familie in die Alpen. Nach circa zehnstündiger Autofahrt kamen sie endlich an. Auch das noch dachte sich Paulina. Statt einem schicken, luxuriösen Hotel haben ihre Eltern nur eine kleine Skihütte organisiert. Sie musste sich auch noch mit ihrem Bruder ein Zimmer teilen. Genervt schaute Paulina aus dem Fenster ihres Zimmers. Es hatte gerade aufgehört zu schneien, also beschloss Paulina sich in der Gegend mal umzuschauen. Schließlich war sie kein Baby mehr und durfte mit ihren 17 Jahren alleine durch die Gegend schlendern. Sie brauchte auch einfach nur den Berg hinunter zu gehen, um geradewegs ins Dorf zu kommen. Im Dorf schaute sie sich erst mal um. Sie beschloss in ein Café zu gehen, um sich einen Kakao zu holen. Beim Verlassen des Cafés rannte ihr ein junger, blonder Mann direkt in die Arme und riss ihr den Kakao aus den Händen.
Oh, shit. Es tut mir so leid das war echt keine Absicht von mir.“
„Kannst du Idiot nicht aufpassen?“
„Ich mach’s wieder gut und hole dir einen neuen Kakao“
„Ne, lass es gut sein. Mir ist die Lust vergangen.“
Wütend lief Paulina zurück zur Skihütte.
„Da bist du ja wieder, Paulina. Wie war es im Dorf?“, fragte ihre Mutter.
„Es war total öde!“
„Hier ist übrigens noch dein Skipass für morgen. Da du ja immer noch nicht so gut im Skifahren bist, haben wir dich bei einem Kurs angemeldet.“, sagte ihr Vater.
Paulina verdrehte genervt die Augen und nahm den Pass entgegen. Bevor sie hier vor Langeweile zu Grunde geht, kann sie sich ja auch mal den Kurs anschauen. Wer weiß vielleicht gibt es ja auch einen süßen Skilehrer, dachte sie sich und lächelte dabei.
Noch vier Tage bis Heiligabend. Paulina schaute auf die Uhr, sie hatte noch 1 Stunde Zeit, bis sie beim Skiverleih sein musste. Also konnte sie noch schnell ins Dorf laufen, um Geschenkpapier zu besorgen. Im Dorf angekommen fand sie auch schnell wonach sie suchte. Als sie an der Kasse war, sah sie im Schaufenster süße kleine Plüscheulen, Paulina liebte Eulen über alles. Leider hatte sie nicht genug Geld dabei, um sich so eine Eule leisten zu können. Eine halbe Stunde später stand Paulina zusammen mit zwei anderen Damen beim Skiverleih und warteten auf den Kursleiter.
„Guten Morgen, die Damen mein Name ist Leon Steiner. Ich bin für die nächsten Tage ihr Skilehrer. Einige von euch haben bestimmt meinen Bruder Ben erwartet, der ist aber die nächsten Tage verhindert.“
Moment mal“, dachte sich Paulina und schaute von ihrem Handy hoch. Die Stimme hatte sie doch vor kurzem erst gehört. Oh, nein, ihr bleibt aber auch nichts erspart. Es war natürlich der blonde Mann vom Kaffee. Eigentlich sah er ja ganz gut aus mit seinen blonden schulterlangen Haaren und blauen Augen. Er sah so ein bisschen aus wie Nick Carter in den früheren Jahren, als er noch in einer Boyband sang. Ihre Mutter war damals ein großer Fan, daher hatte sie so einige Fotos schon in Händen gehalten.
„Bevor wir die passende Ausrüstung für euch aussuchen, gehe ich erst mal die Teilnahmeliste durch, um festzustellen, ob auch alle da sind.“
Während er die Liste durchging, erkannte er Paulina und lächelte sie verschmitzt an. Eigentlich fehlte noch ein Teilnehmer, der hatte sich wohl krankgemeldet.
Paulina fuhr nun zum dritten Mal den so genannten Idiotenhügel herunter und langweilte sich ein wenig.
„Ich denke mal, das soll’s für heute gewesen sein. Ihr habt gute Fortschritte gemacht. Morgen versuchen wir es dann mal auf der einfachsten Piste.“
Am nächsten Tag warteten Paulina und die anderen an der verabredeten grünen Piste. Skipisten sind nach Farben eingeordnet. Grüne Pisten sind für Anfänger, blaue Pisten für Fortgeschrittene, rote Pisten sind schwieriger und schwarze Pisten sind die schwersten. Kurze Zeit später kam Leon auch schon gut gelaunt an.
„Guten Tag, die Damen. Na, dann wollen wir mal schauen, wie gut ihr euch heute auf der Piste macht. Wenn ihr weiterhin so gute Fortschritte macht, könnt ihr nach Weihnachten bestimmt schon die blauen Pisten betreten. Nur die anderen Pisten solltet ihr erst mal meiden.“
Nach 3 Stunden Spaß auf der Piste war Paulina total durchgefroren und hatte keine Lust mehr. Nie hätte sie gedacht, dass Skifahren doch eine Menge Spaß machen konnte. Tina und Melina, so hießen die beiden blonden Damen, verabschiedeten sich bereits.
Paulina wollte sich auch gerade verabschieden, da rief Leon ihr hinterher: „warte mal, Paulina, ich wollte dich fragen, ob du mit mir noch ins Dorf kommst? Ich schulde dir ja noch eine heiße Schokolade.“
„Okay, warum nicht, ich bin sowieso total durchgefroren.“
Im Café angekommen, bestellte Leon für sich und Paulina zweimal heiße Schokolade. Während die beiden sich mit ihren Getränken aufwärmten, plauderten sie ein wenig.
„Woher kommst du eigentlich?“
„Ich wohne mit meiner Familie in Frankfurt am Main“.
„Frankfurt kenne ich, da wohnt ein Onkel von mir“
„Schade, dass morgen Sonntag ist und wir kein Training haben.“
„Naja, morgen habe ich zufälligerweise frei, aber wir könnten ja trotzdem gemeinsam was unternehmen, wenn du magst.“
Paulina schaute ungeduldig schon wieder auf ihre Armbanduhr. Sie und Leon waren heute für 16:00 Uhr verabredet.
„Er wird schon noch kommen“, sagte Paulinas Mutter.
Auch wenn Leon erst 5 Minuten über der Zeit war, wurde Paulina langsam nervös. Denn sie hielt ihn schon lange nicht mehr für einen Idioten. Da klopfte es auch schon an der Tür und Leon stand vor der Skihütte.
„Hi Paulina, bist du soweit?“
„Ach Mama und Papa, ihr braucht mit dem Abendessen nicht auf mich zu warten. Ich werde mir unterwegs was holen,“ rief Paulina, bevor sie die Türe hinter sich schloss.
Paulina und Leon verbrachten einen schönen Nachmittag im Schnee. Sie bauten gemeinsam einen Schneemann und eine Schneeeule. Danach alberten Sie noch im Schnee bei einer Schneeballschlacht herum.
„Ich hab genug“, kicherte Paulina, als ihr schon wieder ein Schneeball an den Kopf flog.
„Also gut, du hast gewonnen.“
Langsam wurde es schon dunkel und Paulina bekam inzwischen Hunger. Leon nahm Paulinas Hand und half ihr vom Boden hoch.
„Wir können ja noch in ein Restaurant gehen und dort was gemeinsam essen.“
„Ja, sehr gerne, aber du bist eingeladen.“
Später am Abend kam Paulina bei ihrer Familie an. Diese Nacht schlief Paulina sehr schnell ein und träumte bereits von Leon. Die nächsten Tage vergingen nur sehr langsam, denn über die Weihnachtsfeiertage fand kein Skitraining statt. Leon hatte leider auch keine Zeit, sich mit ihr zu treffen. Denn er verbrachte Weihnachten mit seiner Familie. Einen Tag vor Silvester trafen sie sich wieder auf der Piste. Mittlerweile flogen in Paulinas Bauch jedes Mal ein paar Schmetterlinge herum, wenn sie Leon traf. Sie hatte auch ihre Eltern um Erlaubnis gefragt, ob sie Silvester mit Leon verbringen durfte.
„wir könnten unten ins Dorf gehen da feiern Sie eine große Silvesterparty auf dem Dorfplatz.“
„können wir vorher noch was essen gehen?“
„Klar, lass uns in das Café gehen.“
Leon und Paulina saßen im Café in dem alles angefangen hatte. Leon überreichte ihr ein in Weihnachtspapier eingepacktes Päckchen.
„Für mich? Ich habe aber gar kein Geschenk für dich.“
Vorsichtig packte sie das Weihnachtspäckchen aus und zum Vorschein kam eine weiße Plüsch Schneeeule. Es war einer der Eulen, die Paulina im Schaufenster schon bewundern konnte.
„Woher wusstest du, dass ich Eulen liebe?“
„Ich habe dich oft im Dorf beobachtet, wie du vor dem Schaufenster mit dem Eulen stehen geblieben bist und sie dir verträumt angesehen hast.“
Es war jetzt kurz vor Mitternacht. Leon nahm zögernd Paulinas Hand, die umstehenden Leute zählten den Count-down laut mit.
„10…, 9…, 8…, 7…, 6…, 5…“
Leon schaute Paulina tief in ihre Augen.
„4…, 3…, 2…, 1…, frohes neues Jahr!“, riefen alle im Chor.
Leon nahm Paulina vorsichtig in den Arm und küsste sie.
„frohes neues Jahr, Paulina.“
„Frohes neues Jahr!“
Paulina nahm ihre Schneeeule fest in den Arm und lächelte Leon verliebt an.
Der Blindnerd-Adventskalender
Unser blindes Mitglied Gerhard ist blinder Hobbyastronom und das einzige blinde Mitglied der Deutschen Astronomischen Gesellschaft. Seit sieben Jahren führt er den Blog Blindnerd.de. In diesem Jahr widmet sich sein Adventskalender ganz den Wundern des Kosmos.
Der Blautor-Adventskalender und der Blindnerd-Adventskalender sind überkreuz verlinkt, so dass man von jedem aus zu den jeweiligen Türchen des anderen springen kann.
Mit
diesem Link gelangen Sie und ihr auf diesen etwas außergewöhnlichen Weihnachtskalender.
Geschenkideen von BLAutor
Drei Anthologien hat unser Arbeitskreis bis jetzt gemeinsam verfasst, und an zwei weiteren haben mehrere unserer Mitglieder mitgewirkt. diese sollten in keinem Bücherregal fehlen.
- Blind Verliebt
ist die neueste im September 2024 erschienene Anthologie des Schreibzirkels BLAutor.
31 AutorInnen mit Sehbeeinträchtigung beleuchten das Thema auf ganz unterschiedliche Weise. Lassen Sie sich in eine Welt der besonderen Art entführen. - Abenteuerliche Anekdoten blind erlebt
ist der Titel unserer zweiten Anthologie, die im Oktober 2023 im Edition Paashaas Verlag als Taschenbuch und iBook auf dem Buchmarkt erschienen ist.
Dank einer Buch-Patenschaft, die eines unserer Mitglieder übernommen hat, ist auch diese Anthologie mittlerweile aufgelesen worden und somit in den Hörbüchereien für blinde Menschen ausleihbar. - „Farbenfrohe Dunkelheit“
ist der Titel unserer mittlerweile zwei mal preisgekrönten ersten BLAutor-Anthologie, die 2022 im Edition Paashaas Verlag als Taschenbuch und iBook erschienen ist und als Hörbuch produziert wurde und bei den Hörbüchereien für blinde Menschen ausgeliehen werden kann. - Anthologie Weihnachtszauber, 39 einfach schöne Weihnachtsgeschichten
Es muss ja nicht gleich ein komplett eigenes Buch sein. In einer Anthologie finden sich stets mehrere Autor:innen mit ihren Geschichten zu einem Thema zusammen, um dann gemeinsam ein Buch zu füllen.
Der Pashaas-Verlag rief zur Teilnahme an dieser Weihnachts-Anthologie auf. Fünf unserer Mitglieder schafften es, ihre Geschichten dort zu veröffentlichen. - Weihnachtsmodus an, mit Autor:innen des Arbeitskreises und anderen
Und hier ist die fünfte Anthologie, die der Pashaas-Verlag mit 20 Autor:innen, fünf aus unserem Arbeitskreis, herausgegeben hat.
Es ist eine Weihnachtsanthologie der besonderen Art.
Nähere Informationen über die jeweils mitwirkenden Author:innen erfahren Sie unter
Vitae und Werke.
15.12.2023, Ganz allein unterwegs
© Jürgen Klaubert www.juergenklaubert.de
Eine kurze sehr lange Geschichte
Der Wecker klingelt wie immer zur gleichen Zeit. Er steht auf. Wenig später ist er auf der Straße. Aus der Haustür heraus links herum, er kennt jeden Pflasterstein und jeden Bordstein. Dann die Ampel, in zwanzig Sekunden wird es Klacken und das Zeichen für Grün geben. Über die Straße weitergehen, bis zur Arbeitsstelle.
Der Arbeitstag ist der Arbeitstag ist der Arbeitstag ist der Arbeitstag ist der Arbeitstag. Fünf Mal die Woche das Gleiche. Abends der Weg zurück. Dann wieder die Ampel mit ihrem Signal. Bald zuhause. Nach dem Abendessen spazieren gehen. Menschen begegnen. Die gleiche Frau wie jeden Abend, kommt entgegen, grüßt und sagt wie immer „Na, ganz allein unterwegs?“ Er lächelt sie an, antwortet nicht. Morgen würde er ihr wieder begegnen und sie würde wieder grüßen und sie würde wieder sagen „Na, ganz allein unterwegs?“.
Er lebt allein und isst allein und geht allein spazieren. Abends hört er Radio oder schöne Musik. Am Morgen klingelt wieder der Wecker.
So geht das immer. Nur freitags abends ist es anders. Nach der Arbeit geht er nach Hause. Er zieht andere Kleidung an, dann geht er aus dem Haus. Aus der Haustür heraus rechts herum. Auch hier kennt er den Weg wie im Schlaf. Am Bahnhof angekommen wartet bereits der Zug. Er steigt ein. Er kennt seinen Platz, den er jeden Freitagabend einnimmt. Jemand grüßt immer und fragt freundlich „Ganz allein unterwegs?“. Er nickt und lächelt ohne Worte.
Angekommen. Der Zug hält. Er steigt aus. Nun noch der Weg, den er nicht so oft geht. Aber er kennt ihn dennoch genau.
An der Wohnungstür angekommen. Den Klingelknopf drücken. Die Tür wird geöffnet. Eine Hand zieht ihn herein. Eine feste Umarmung. Ein tiefes Atmen, Erleichterung. Die Beiden gehen ins Wohnzimmer.
Und wer jetzt auf dem Flur genau hinhören könnte, der würde hören, wie zwei Weißstöcke, die dort nebeneinander stehen zueinander sagen „Na, nicht mehr allein unterwegs?“
Geschenktipp
Zwei Bücher hat unser Arbeitskreis gemeinsam verfasst. diese sollten unter keinem Weihnachtsbaum fehlen.
- Abenteuerliche Anekdoten blind erlebt ist der Titel unserer neuen Anthologie, die im Oktober 2023 im Edition Paashaas Verlag als Taschenbuch und iBook auf dem Buchmarkt erschienen ist.
- „Farbenfrohe Dunkelheit“
ist der Titel unserer mittlerweile zwei mal preisgekrönten ersten BLAutor-Anthologie, die 2022 im Edition Paashaas Verlag als Taschenbuch und iBook erschienen ist und als Hörbuch produziert wurde und bei den Hörbüchereien für blinde Menschen ausgeliehen werden kann.
Auch auf diesem Weg bietet BLAutor seinen Mitgliedern die Möglichkeit, ein eigenes Werk auf dem Buchmarkt zu präsentieren.
Mit dem Kauf dieser beiden Anekdoten unterstützen sie die Arbeit unseres Arbeitskreises.
Und nun kommt noch ein Hinweis auf einen Adventskalender der besonderen Art:
Der Blindnerd-Adventskalender
Unser blindes Mitglied Gerhard ist blinder Hobbyastronom und das einzige blinde Mitglied der Deutschen Astronomischen Gesellschaft. Seit sieben Jahren führt er den Blog Blindnerd.de. In diesem Jahr widmet sich sein Adventskalender Frauen aus wissenschaft und Astronomie, denn Frauen sind in diesen Arbeitsfeldern bis heute unterrepräsentiert.
Der Blautor-Adventskalender und der Blindnerd-Adventskalender sind überkreuz verlinkt, so dass man von jedem aus zu den jeweiligen Türchen des anderen springen kann.
Mit
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