Alles Rund um die Punktschrift

Schreiben, lesen, fühlen

Von Konrad Gerull

Oft habe ich das Schreiben gelernt:
In der Grundschule die Buchstaben,
im Gymnasium Aufsätze,
an der Uni wissenschaftliche Arbeiten,
als Lehrer Noten und Beurteilungen,
im Verein Anträge und Protokolle,
im Freundeskreis Glückwünsche und Kondolenzen.

Ich schrieb
mit der Hand,
mit der Schreibmaschine,
mit dem Computer,
auf Papier und über Email,
immer schneller, öfter, mehr.

Dann wurde ich ausgebremst.
Das Lesen wurde mühsamer,
bis ich im Dunkeln stand, blind.
Und nun? Was tun?

Gefühlte Buchstaben erarbeitete ich mir
in einem anderen Zeitmaß.
Über die kleinen Erfolge
vom erfühlten Punktmuster eines Zeichens,
zum begriffenen Wort,
zum eroberten Satz.

Die Kunst des Fühlens gab mir ein neues Selbstgefühl,
ja, ein neu gefühltes Leben.

Noch einmal lernte ich auch das Schreiben:
Das mühsame Stechen von Braille-Punkten mit einer Nadel,
und das Schreiben mit einer mechanischen Punktschriftmaschine.

Vor allem aber lernte ich
das Beschreiben vom Gefühlten, von meinen Gefühlen,
für die ich nun mehr Zeit und Worte fand,
in Gedichten und Geschichten.
Und durch sie entstand auch im Freundeskreis
mehr Einfühlsamkeit und Nähe.

Ja, das verdanke ich der Braille-Schrift:
Ich fühle und begreife mehr als früher.

Gedichte zum Erlernen der Punktschrift

38 Kurzgedichte zur Unterstützung beim Punktschriftlernen
© Oktober 2022 bei Theo Floßdorf – Bergheim/Erft

Das A

Punkt eins ist a.
Wie wunderbar,
das a braucht keine Punkteschar.
Punkt eins steht ganz alleine da.

Das B

Bei b denkt man an beide Beine.
Man schreibt zwei Punkte, wie ich meine.
Es hat die Punkte eins und zwei
und ist auch beim Bonbon dabei.

Das C

Cola wird mit c geschrieben,
oben Punkte eins und vier.
Wer das richtig macht ihr Lieben,
ist ein echtes „Cola-Tier“.

Das D

D lässt deinen Drachen fliegen.
Eins, vier, fünf, das ist das d.
Dinos und auch Dackel kriegen
eins, vier, fünf, das Drachen-d.

Das E

Für e, wie Elefant und Ente,
präge dir eins und fünf gut ein.
Wer das vergisst, könnte am Ende
eventuell ein Esel sein.

Das F

Eins, zwei, vier, ein f steht hier.
Ferienzeit, die lieben wir.

Das G

Die Gummibärchen sind gesund.
Jedes hat vier Pfoten.
Man spürt ein g in seinem Mund,
nicht nur bei den roten.
Eins, zwei, vier, fünf, das ist krass.
Punktschrift lernen macht uns Spaß.

Das H

Ein Hase und ein kleiner Hund,
die suchten einst ein h.
Da drückt ein Hamster eins, zwei, fünf,
und schon ist eines da.

Das I

Mit i – zwei, vier –
das merke dir,
beginnt ein Igel-Stacheltier.

Das J

Julius ach Julius,
die Julia will einen Kuss.
Du brauchst die zwei, vier, fünf dafür,
dann steht das j ganz richtig hier.

Das K

Der Kasper und das Krokodil
sind hochbeliebte Leute.
Sie machen uns beim Puppenspiel
mit eins und drei viel Freude.

Das L

Lachend lecken Leckermäuler
lange Lollis langsam leer.
Lustige Liliputaner
lieben Luftballone sehr.
Eins, zwei, drei, so geht das l,
und geschrieben ist es schnell.

Das M

M, wie Märchenfee und Maus,
eins, drei, vier ist richtig.
M gehört in jedes Haus.
M ist superwichtig.
Denkt an Muffins, Marmelade,
Marzipan und „M“okolade.

Das N

N, wie „Nette Nachrichten“ versenden,
Punkte eins, drei, vier und fünf verwenden.

Das O

O, wir möchten O-Saft trinken.
Eins, drei, fünf ist jedem klar.
Ich will unsern Freunden winken:
O-Saft ist für alle da.

Das P

P, das ist wie Punktschrift pauken.
Punkte eins, zwei, drei und vier.
Pudding, Pizza, Pommes, Popel
und ein kleiner Pups von mir.

Das Q

Q ist wie QWERTZ-Tastatur.
Q – fünf Punkte braucht es. Nur
Punkt sechs ist nicht dabei.
Der bleibt leer. Punkt sechs bleibt frei.

Das R

Das r rennt zu dem Rennpferd rein.
Es wird so gern‘ geritten.
Sein Reiter soll der Sieger sein,
mit eins, zwei, drei, fünf Schritten.

Das S

Sport und Spiele halten fit,
Freunde, die wir lieben.
Zwei, drei, vier, im Sauseschritt
ist das s geschrieben.

Das T

Das t spielt vier Trompetentöne,
zwei, drei, vier, fünf nach Louis Braille.
Mit Tä-terä-tä-tä-Gedröhne
lernen wir Punktschrift. Das ist geil.

Das U

Mit u beginnt der Unterricht.
„Eins, drei, sechs“ der Lehrer spricht.
Doch wird es auch bei Ungetüm,
Ulknudel und Unfug steh’n.

Das V

Kommt ein Vogel geflogen,
braucht er eins, zwei, drei und sechs,
hat ein‘ Zettel im Schnabel,
und darauf steht dieser Text.

Das W

Zwei, vier, fünf, sechs, es ist so weit,
was soll man lange reden…
Beim w ist Wackelpuddingzeit.
Auch Würstchen schmecken jedem.

Das X

Mein Xylophon klingt hell und rein,
eins, drei, vier, sechs ist x.
Ein zweites Wort fällt mir nicht ein,
egal, das macht ja nix.

Das Y

Beim Ypsilon fehlt nur Punkt zwei,
alle andern sind dabei
und stehen mit geschwellter Brust.
Nur Punkt zwei hat keine Lust.

Das Z

Z, das klingt nach Zauberspruch.
Eins, drei, fünf, sechs, Hokus Pokus.
Zahnprothese, Zoobesuch,
Zirkuspferd und Zeugnisbuch.

Das Ä

Äpfel gibt es viele,
manche sind vom Pferd.
Ä schreibt man mit drei, vier, fünf,
wie Herr Braille uns lehrt.

Das Ö

Öffentliche Örtlichkeiten
haben ihre Öffnungszeiten.
Doch sind sie zu, ojeminee,
schreibt zwei, vier, sechs trotzdem ein ö.

Das Ü

Da fällt mir noch ein Umlaut ein,
das ü, wie übertreiben.
Man muss kein Überflieger sein,
ums fehlerfrei zu schreiben.
Übrigens, die Punkte sind
eins, zwei, fünf, sechs, weiß jedes Kind.

Das ß

Nicht überall lebt das ß,
wo eine Straße „Fußweg“ heißt.
Zwei, drei, vier, sechs, sind doch so nett,
wenn Spaß in Süßigkeiten beißt.

Das Au

Mit au beginnt der Auerhahn,
der eins und sechs gut leiden kann.
Auf Kaugummi kauende Graubärte schauen
staunende Frauen aus graublauen Augen.

Das Eu

Zu eu fällt mir die Hedwig ein.
Sie ist ein Star unter den Eulen.
in eins, zwei, sechs kann Zauber sein,
schneeweiß und sicher nicht zum Heulen.

Das Ei

Eins, vier, sechs, das ist ein Ei,
Eierpampe, einerlei,
Eiterbeule, Eisentopf,
Eigentor und Eierkopf.

Das Ch

Ch hört sich nach Christkind an,
Chemie und Chef und Chorgesang.
Eins, vier, fünf, sechs sind hier wichtig,
denn dann ist das ch richtig.

Das Sch

Schokolade, Marzipanschwein,
Eins fünf sechs muß unbedingt sein.
Schlumpf, Schlawiner, Schmusekätzchen,
Schlingel, Schreihals, Schnuckel, Schätzchen.

Das Ie

Am Wortanfang steht es nie,
drei, vier, sechs, das lange ie.
Bienen fliegen, Wiesen sprießen,
Vom Klavier die Lieder fließen.

Das St

Zwei, drei, vier, fünf, sechs, dies Zeichen
heißt st, wie: Stühle streichen,
Stufen steigen, Stolperstein,
Sturkopf und Studentenwein.

Das Äu

Ein äußerst flinker Mäuserich,
der läuft zum Gartenhäuschen.
Er will zu seiner Lieblingsmaus.
Dort macht er drei, vier Päuschen.
Er säuselt zärtlich wie er kann.
Das Weitere geht uns nichts an .

—– Ende —–